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Nachkriegszeit – Rückkehr in die Normalität?

Jüdisches Leben in Regensburg erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Renaissance. Ab 1946 wurde Regensburg zu einem bedeutenden Zentrum jüdischen Lebens, auch weil die Stadt im Vergleich zu vielen anderen deutschen Städten kaum zerstört wurde. Durch die Staatsgründung Israels im Jahr 1948 verließen viele Juden die Stadt wieder. Diejenigen, die blieben, standen vor einer unsicheren Zukunft.

Zuzüge und Wegzüge (1945-1952)

Regensburg blieb von der Zerstörung, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte, im Vergleich zu anderen deutschen Städten weitestgehend verschont. Auch deshalb bat die Stadt für viele Menschen die Möglichkeit nach dem Krieg neu zu beginnen. Neben deutschen Rückkehrern befanden sich auch sogenannte Displaced Persons in der Stadt. Dies waren Menschen, die durch den Krieg nicht mehr in ihren Heimatländern und/oder an ihren Heimatorten waren und versorgt und geschützt werden mussten. Darunter fielen unter anderem Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemalige KZ-Häftlinge.

Bereits am 2. August 1945 befanden sich in der Donau-Stadt 6254 Displaced Persons. Um die Versorgung der Menschen kümmerte sich die UNRRA, eine Hilfsorganisation der Vereinten Nationen. Sie kümmerte sich darüber hinaus auch um die Unterbringung der Displaced Persons in Regensburg. Laut städtischen Unterlagen befanden sich fünf sogenannte DP-Lager in der Stadt.

Nicht alle Juden waren Displaced Persons, manche begannen hier, ihr Leben neu zu ordnen und ließen sich dauerhaft in Regensburg und Umgebung nieder. Vor allem betraf dies polnische Juden, die nach dem Krieg nach Deutschland kamen, da in Polen der Antisemitismus sehr stark war.

Vor allem nach der Staatsgründung Israels 1948 verließen viele Juden die Stadt wieder.

Staatsgründung Israels (14. Mai 1948)

Durch die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 ergab sich für die Juden in Regensburg, aber auch auf der ganzen Welt, die Möglichkeit in einen Staat zu emigrieren, der für die Juden eine Sicherheit bot. Mit der Aussicht auf ein Leben in Frieden und ohne Verfolgung verließen deshalb viele jüdische Bürger Regensburg Richtung Israel.

Die Jewish Community feierte die Gründung des Staates Israel am 16. Mai 1948 in der „Götz-Villa“ in der Galgenbergstraße 11. Auf der Feier trat neben dem I Distriktsdirektor der International Refugees Organisation Blackman auch der damalige Vorsitzende der jüdisch-amerikanischen Hilfsorganisation Joint, Morris Fishman, auf.

Von der Jewish Community zur Jüdischen Gemeinde (1945-1951)

Die in Regensburg ankommenden Juden wurden durch die schon im Mai 1945 gegründete Jewish Community registriert. So konnten Hilfsorganisationen besser für die Menschen sorgen. Übergangsweise erhielten die Menschen sogenannte sogenannte „Ausweiskarten“. Dabei wurden von jedem Menschen die gleichen Informationen aufgenommen, unter anderem der Name, Geburtstag und -ort, aber auch der Aufenthaltsort vor der Verfolgung. Die meisten der registrierten Juden kamen gebürtig aus Polen. Die Anzahl der deutschen Juden, die zurückkehrten belief sich auf ungefähr ein Fünftel der Registrierten. Rückkehrer aus Regensburg waren dabei eher selten. Die Zahl derer, die Regensburg als ihren Geburtsort angaben, betrug nur neun.

Nach der Auflösung der Jewish Community im Jahr 1950 folgte mit der am 1. August neugegründeten Jüdischen Gemeinde Regensburg eine ähnliche Instanz. Sie schloss sich 1951 dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden an. Bis heute ist sie ein Teil davon.

Quelle: Jüdische Gemeinde Regensburg

Ziviles jüdisches Leben in der Nachkriegszeit (1945-1951)

Viele Juden wollten nach dem Krieg und dem Holocaust vor allem wieder ein ansatzweise normales Leben führen. Damit dies möglich war, gründeten sich im Lauf der Zeit in Regensburg einige Institutionen, die dabei unterstützen sollten.

Für jüdische Kinder wurden bereits kurz nach Kriegsende ein Hebräisches Gymnasium und eine Fachschule in der Prüfeninger Straße, später in der Landshuter Straße, installiert. Verantwortlich für die Schulen war die ORT, die Organization for Rehabilitation through Training.

Damit die jüdische Bevölkerung in Regensburg ihren Glauben leben konnte, wurde mit Joseph Glatzer am 30. Mai 1945 der erste Rabbiner berufen. Der polnischstämmige Glatzer war aus dem KZ Flossenbürg befreit worden. Er zog nach vier Jahren in Regensburg 1949 in die USA. Sein Nachfolger wurde Yakob Simchah Avidor.

Im DP-Camp existierte auch eine jiddische Zeitung, die sich jüdischer Themen annahm und vor allem auch das „Leben im Wartesaal“ thematisierte, das viele Juden so empfanden. Sie hieß Der najer Moment und erschien wöchentlich zwischen März 1946 und November 1947. Für die Gestaltung der Zeitung waren die beiden Schriftsteller Yekhezkl Keytelman und Mendel Man beauftragt. Darüber hinaus bot sich durch die Gründung des Vereins HAPOEL Regensburg auch die Möglichkeit für jüdische Bürger, sich sportlich zu betätigen.

Hapoel Regensburg warb in jiddischer Sprache für seine Angebote (Stadtarchiv Regensburg)

 

Bilder

Stadtbildstelle Regensburg, Himmelstein (S. 304)

Literatur

Himmelstein, Klaus: Brücke zwischen Gestern und Morgen-Jüdische Displaced Persons in Regensburg. In: Ders. (Hrsg.): Jüdische Lebenswelten in Regensburg: eine gebrochene Geschichte. Regensburg 2018.

Rosengold, Hans: Neubeginn nach dem Zusammenbruch. In: Himmelstein, Klaus (Hrsg.): Jüdische Lebenswelten in Regensburg: eine gebrochene Geschichte. Regensburg 2018.

Smolorz, Roman P.: Displaced Persons. Autoritäten und Anführer im angehenden Kalten Krieg im östlichen Bayern. Regensburg 2009. S. 128-142.

Smolorz, Roman P.: Juden auf der Durchreise: die Regensburger Jewish Community 1945 - 1950, eine Migrationsgemeinde. Regensburg 2010. S. 28-83.

Stadt Regensburg (Hrsg.): "Stadt und Mutter in Israel" Jüdische Geschichte und Kultur in Regensburg. Regensburg 1990. S. 214-218.

Quellen

ZR III 3351, Zentralregistratur, Stadtarchiv Regensburg

Werbeflugblatt HAPOEL Regensburg, Stadtarchiv Regensburg