Vom 26.August 2018 bis zum 28.August 2018 führten die Mitglieder und Freunde des Clubs „Schalom“ der jüdischen Gemeinde Regensburg ihren traditionellen Ausflug auf „Jüdischen Spuren“ durch. Diesmal war das Ziel das jüdische Berlin.
Der Vorsitzende des Clubs, Herr Volodymyr Barskyy, sprach für uns alle die TefilatHaDerech, das Gebet des Weges, das für Reisen außerhalb der Stadtgrenzen um eine sichere Reise und Ankunft am Ziel bittet. Nach einer ca. 8 stündigen Fahrt im Bus kamen wir gut in Berlin an, begrüßten unsere Stadtführerin, Frau Ludmila Buditch, die uns schon auf dem Weg ins Hotel vieles Interessante zeigte und erklärte und uns auch in den nächsten Tagen begleitete, so dass wir sehr viel über insbesondere das jüdische Berlin erfuhren. Anschließend gab es einen Rundgang auf dem Potsdamer Platz, wo wir uns die nach der Deutschen Wiedervereinigung errichteten Gebäude ansahen.
Der nächste Tag war ganz dem jüdischen Berlin gewidmet. Juden in Berlin wurden erstmals im Jahr 1295 in einem Handwerksbrief der Wollweber erwähnt. Im Mittelalter wurden sie mehrmals verfolgt und aus der Stadt vertrieben. Die heutige jüdische Gemeinde geht zurück auf das Jahr 1671 als einige jüdische Familien nach Berlin kamen. Sie waren von Leopold I. aus Wien vertrieben worden. Nach dem 30 jährigen Krieg (1618-1648) lag das Land darnieder und der Große Kurfürst (Friedrich Wilhelm von Preußen) holte unterschiedliche Gruppen ins Land um zu dessen Wiederaufbau beizutragen. Vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten hatte die jüdische Gemeinde von Berlin 170.000 Mitglieder (1/3 der Juden des Deutschen Reiches).
Nach Aussagen des AJC (American Jewish Committee) ist Berlin derzeit die weltweit am schnellsten wachsende jüdische Gemeinschaft. Dies ist bedingt durch die Zuwanderung von russischen Juden und später von israelischen Bürgern. Mittlerweile sind über 80 Prozent der Gemeindemitglieder eingewanderte Juden aus der Sowjetunion bzw. ihren Nachfolgestaaten. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin ist als Einheitsgemeinde organisiert. Neben 7 Synagogen, 2 rituellen Tauchbädern, Schulen, Erwachsenenbildung, Aktivitäten jüdischer Sozialarbeit gibt es zahlreiche Gruppen innerhalb und außerhalb der Gemeinde, die derzeit etwas über 12.000 Mitglieder hat. Daneben gibt es eine kleine orthodoxe Gemeinde mit 1000 Mitgliedern sowie mehrere tausend Juden, die keiner Gemeinde angehören. Das jüdische Leben gewann wieder eine neue Qualität. 1986 eröffnete die erste jüdische Grundschule, 1993 wurde das jüdische Gymnasium an seinem alten Standort in Mitte wiederbelebt. 2001 eröffnete das Jüdische Museum, es ist heute eines der meistbesuchten Orte der Stadt. Ebenso wie das Holocaust-Mahnmal, das 2005 eingeweiht wurde.
Versöhnliche Gesten gibt es auch im Sport. Im Jahre 2015 fanden zum ersten Mal seit 1933 die Europäischen Makkabi-Spiele in Berlin statt. Seit 1970 gibt es bereits den Sportverein Makkabi, der heute 500 Mitglieder hat. Und auch das Museum Berggruen in Charlottenburg wirkt wie ein Symbol der Versöhnung. Der in Berlin geborene Kunstsammler Heinz Berggruen, der 1936 in die USA emigriert war, kehrte 1996 nach 60 Jahren wieder nach Berlin zurück und verkaufte seine 200 Werke umfassende Sammlung weit unter Wert an seine Heimatstadt. In Berlin lebende Juden, so erfuhren wir, waren neben dem letztgenannten unter anderen auch Artur Brauner, Familie Mendelssohn, Theodor Wolff, Max Reinhardt, Inge Deutschkron, Hans Rosenthal, Rolf Eden , Heinz Galinski, Max Liebermann sowie auch Helene Weigel. Natürlich besuchten wir auch das Scheunenviertel, welches ehemals das Zentrum jüdischen Lebens in Berlin war und heute wieder die Neue Synagoge beherbergt, sowie das Jüdische Museum. Nach einem interessanten Besuch sowohl der Synagoge als auch des jüdischen Museums, mit einer ausgezeichneten Ausstellung „ 24 Stunden Jerusalem“, fuhren wir mit unserem Busfahrer, der sich sicher durch das mit vielen Baustellen durchsetzte Berlin fand, wieder zurück ins Hotel. Anschließend erfreuten wir uns noch bei einer Bootstour auf der Spree. Beginn der Tour war an der Friedrichstrasse. Wir fuhren vorbei am Reichstag und durch das neue Regierungsviertel bis zum „Haus der Kulturen der Welt“.
Nach dem Wendemanöver vor der Lutherbrücke, mit Blick auf das Schloss Bellevue, die „Beamtenschlange und die Siegessäule, konnten wir weitere Zeitzeugen wie den neuen Hauptbahnhof, den Berliner Dom, die Museumsinsel und das älteste Wohngebiet Berlins, das Nikolaiviertel, vom Boot aus erblicken. Voller interessanter Eindrücke und Erlebnisse, kehrten wir ins Hotel zurück. Am nächsten Morgen ging es früh los in Richtung Potsdam. Unser Ziel waren Schloss und Park Sanssoussi. Es wurde nach eigenen Skizzen des preußischen Königs Friedrich II. In den Jahren 1745 bis 1747 im Rokokostil erbaut und 1841/42 durch Umbau und Verlängerung der Seitenflügel unter Friedrich Wilhelm IV. erweitert. Kein anderes Schloss ist so mit der Persönlichkeit Friedrichs des Großen verbunden wie Schloss Sanssouci. Der Name Sanssouci – ohne Sorge – ist dabei als Wunsch und Leitmotiv des Königs zu verstehen, denn hierher zog er sich mit seinen Hunden am liebsten zurück. Sein Sommersitz war ihm zuletzt Lieblingsort und wichtiges Refugium in schwierigen Zeiten. Die Lage des Schlosses auf den berühmten Weinbergterrassen und die original erhaltenen Raumausstattungen aus dem 18. Jahrhundert ließen uns eintauchen in die Welt des „Philosophen von Sanssouci“. Die Räume sind geprägt von Eleganz und stilvoller Prachtentfaltung. Sie lassen aber auch die Liebe des Königs zu der herrlichen Umgebung, dem „Preußischen Arkadien“, deutlich spüren. Bemerkenswert ist, dass sich der König auf der obersten Weinbergterrasse in einer Gruft beisetzen lassen wollte. Auch im Tode wollte er seinem Sanssouci nahe sein. Sein Wunsch ist, wenn auch erst 1991, in Erfüllung gegangen. Das Grab Friedrichs des Großen befindet sich auf der oberen Terrasse.
Nach einem Gruppenfoto vor dem Schloss, machten wir uns wieder auf den Weg zurück. Nun fehlte uns nur noch der Besuch der Reichstagskuppel. Sie ist rund 23 Meter hoch und 40 Meter breit und wurde mit dem Regierungsumzug im Jahr 1999 eingeweiht. Der Architekt Sir Norman Foster hat die Konstruktion aus Stahl und Glas zusammen mit Fachingenieuren entworfen und sich damit erfolgreich gegen andere Entwürfe durchgesetzt: Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages entschied sich im Frühjahr 1995 für diese, moderne Version einer Kuppel. Sie ist von der Dachterrasse aus über eine Rampe öffentlich zugänglich und versorgt den Plenarsaal mit modernster Belichtungs- und Beleuchtungstechnik. Besucher können den Parlamentssitz über das Westportal betreten und von dort aus über zwei Fahrstühle zur Dachterrasse fahren. Das Verbindungselement zwischen Dachterrasse und Aussichtsplattform stellen zwei spiralförmige gegenläufige Rampen dar, die auf je 230 Metern Länge die Kuppel erschließen. Sie beginnen um 180 Grad voneinander versetzt und werden bei einer konstanten Steigung von 8 Prozent an der Innenseite der Kuppel hochgezogen. Der Aufgang auf die Kuppel bot uns einen wunderbaren Ausblick auf und über Berlin, den wir so schnell nicht vergessen werden. Nun ging es zurück nach Regensburg, wo wir abends , angefüllt mit vielen verschiedenen Eindrücken, ankamen. Eine interessante und lehrreiche Reise ging zu Ende, für die wir uns insbesondere beim Vorsitzenden des Clubs „Schalom“, Herrn Volodymyr Barskyy und seinen fleißigen Helfern, unserer kompetenten und immer freundlich Auskunft erteilenden Reiseführerin, Frau Ludmilla Buditch sowie unserem unerschütterlich die Ruhe bewahrenden Busfahrer ,bedanken möchten.
Ingrid Liemant