Schawuot ist das zweite der drei Wallfahrtsfeste. Genau wie Pessach und Sukkot wurde dieses Fest zur Zeit der beiden Tempel mit einer Pilgerfahrt nach Jerusalem und Opfern im Tempel begangen.
Heute wird Schawuot in Israel durch eine Reihe von großen Erntedankfesten gefeiert. Kinder, in weißer Kleidung, mit Kränzen und Zweigen in den Händen, ziehen durch die Stadt. Die Häuser sind mit bunten Fahnen und Bändern geschmückt.
Der Name Schawuot kommt von den sieben Wochen, die zwischen Pessach und diesem Wochenfest liegen. Das heißt, Schawuot wird am 50. Tag nach Pessach gefeiert.
Das zweite Wallfahrtsfest hat eine historische und eine naturbezogene Bedeutung.
Geschichtlicher Hintergrund von Schawuot ist die Herausführung der Israeliten aus Ägypten im jüdischen Monat Nissan (März/April) und die 49 Tage spätere Gottesoffenbarung am Berg Sinai am sechsten Siwan ( Mai/Juni ). Die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft und der Empfang der zehn Gebote Gottes (Toragebung) bilden Höhepunkte jüdischer Geschichte. Schawuot ist somit das
„Fest der Toragebung“. Gleichzeitig ist dieses Wochenfest aber auch das „Fest der Ernte“.
Schawuot umfasst zwei Festtage. Alle Bräuche, die in dieser Zeit begangen werden, stehen in symbolischer Beziehung zu den Ereignissen am Berg Sinai. So wachen die gläubigen Juden in der ersten Festnacht im Bet- oder Lehrhaus, möglichst zu zehnt, um sich nach dem Vorbild ihrer Vorfahren in der Wüste zu reinigen und ihre Seele zu läutern. Außerdem lesen sie abwechselnd bestimmte Abschnitte aus der Tora vor. Insgesamt werden dabei auch dreizehn Kaddischgebete vorgetragen. Das Wort Echad ( 13 ) bedeutet „Einzig“ und gilt für Gottes Einzigkeit.
Moses – empfängt die 10 Gebote am Berg Sinai (Miniatur aus dem sog. Regensburger Pentateuch, um 1300)
An beiden Festtagen wird Gottesdienst gehalten, in denen aus dem 2. Buch Mose vorgelesen wird. Außerdem werden die Häuser und Synagogen mit grünen Zweigen und Blumen geschmückt, so dass es überall grünt und duftet. Dies soll an die Erstlingsfrüchte erinnern und ist weiterhin ein Hinweis auf die Ehrung der Tora. Gläubige berichten darüber:
„Der Duft der Holunderblüten durchzog das ganze Haus, und wir atmeten ihn zwei Tage und zwei Nächte lang. Die beiden Festtage […] erschienen […] wie ein ununterbrochenes Märchen. Zum Morgenkaffee gab es statt der üblichen Brotschnitten Kuchen, soviel das Herz begehrte; dann ging man durch die sonnenbeschienene junge Saat in die Synagoge, und daheim wartete ein festliches Mittagessen“.
Schawuot ist nicht nur ein hoher Feiertag, an dem die Arbeit ruht und die Menschen fröhlich sein sollen, sondern es ist auch ein Fest, das der religiösen Bildung geweiht ist. Denn zu dieser Zeit wird viel aus der Tora gelesen und ein alter Ausspruch der Waisen lautet: „Je mehr Tora, umso mehr Leben. Je mehr Lernen, umso mehr Weisheit“.
Weiterhin erwartet die jüdischen Kinder ein wichtiges Ereignis ihres Lebens – sie werden in den Cheder ( jüdische Elementarschule ) eingeschult. Damit sie daran eine „süße“ Erinnerung behalten, bekommen sie bei dieser Gelegenheit besondere Honigkuchen, auf denen Toraverse stehen.
In der Tora heißt es:
„Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt“.
Auch bei der Zubereitung der Speisen an Schawuot fließen Milch und Honig. Es gibt vorwiegend Süß- und Milchspeisen, wie Blinzes, Palatschinken, Kreplach, Strudel und Piroggen.
Besonders die Milchspeisen symbolisieren das Geschehen am Berg Sinai. Außerdem sind sie insofern wichtig, da der numerische Wert des Wortes Chalaw (Milch) 40 ist und Moses 40 Tage am Berg Sinai warten musste, bevor er die Gebote Gottes erhielt.
Bei den Süßspeisen sind vor allem Kuchen in der Form der Gesetzestafeln oder kegelförmige Gebäcke, die den Berg Sinai darstellen sollen, beliebt. Weiterhing ist man stolz auf die großen, runden, aus sieben Schichten bestehenden Kuchen, welche die sieben Himmel symbolisieren, die der Herr bei der Gottesoffenbarung zum Berg hinabstieg. Neben zahlreichen süßen Speisen gibt es aber auch Fleischgerichte.
Während der zwei Festtage werden je zwei Hauptmahlzeiten eingenommen. Dabei wird darauf geachtet, dass die erste Mahlzeit aus Milchgerichten und die zweite aus Fleischgerichten besteht. Gemischt werden dürfen diese beiden Speisen nicht. Manche Familien trennen sogar ihr Geschirr nach Fleischigem und Milchigem.
Beide Mahlzeiten sollen an die Hauptspeisen des Pessachfestes erinnern, an das Pessachlamm und an das Friedensopfer. Somit ist Schawuot eigentlich eine Verlängerung von Pessach.
Milchidiger Lokschenkugel (Nudelkugel mit Quark und Äpfeln)
Man nehme: 3 Eigelb, 2 Tassen Quark, 3 Löffel Zucker, ¾-1 Tasse Milch, 3 Löffel Butter oder zerlassene Magarine, 1 Tasse Rosinen, 6 kleingeschnittene Pflaumen, 5 geschälte und geriebene Äpfel, 3 Eiweiß, 400g dünne gekochte Nudeln, 2 Löffel Zimt, 6 Löffel Zucker
Zubereitung: In einer großen Schüssel Eigelb mit Zucker rühren, nach und nach Quark, Milch, zerlassene lauwarme Margarine oder Butter, Äpfel, Rosinen und Pflaumen hinzufühgen. Alles gut vermengen. Gekochte, abgetropfte Nudeln zugeben und zum Schluß steifen Eischnee unterheben. In die gefettete Form füllen, die Oberfläche ausgiebig mit dem Zucker-Zimt-Gemisch bestreuen und mit zerlassener Butter beträufeln. 30 bis 40 Minuten bei 150 Grad Celsius backen. (reicht für 6 bis 8 Personen)
verfasst von: Anne Bieberstein