„Ein jüdisches Grab wird für die Ewigkeit angelegt, die Totenruhe muss gewahrt bleiben bis zur einstigen Wiederbelebung der Toten am Jüngsten Tag.“
So lernen es die Kinder bereits früh im Religionsunterricht, so ist es halachisch – religionsgesetzlich – vorgeschrieben.
Trotzdem gibt es eine Friedhofskultur im Zeitenwandel. Was ist Brauchtum und was ist halachisch nicht erlaubt? Das erfuhr eine Gruppe alter und neuer Gemeindemitglieder, die am Sonntag, den 13. November 2022, den Jüdischen Friedhof an der Schillerstraße besuchten. Es war ein Datum, das mit Bedacht ausgewählt worden war: Vor 200 Jahren, Mitte November 1822, wurde der erste Verstorbene hier begraben. Das erste Begräbnis, das auf dem neugebauten Friedhof der Gemeinde stattfand, galt Leopold, dem Sohn des Seligmann Rosenthal. Leopold wurde 8 Jahre alt. Die zweite Beerdigung, die von Elias Gumpertz, erfolgte am 28. März 1923.
In diesem ersten Teil des Friedhofs ruhen die Juden, die vor 1880 gestorben sind. Die Inschriften auf den etwa 300 Grabsteinen sind in Hebräisch verfasst und berichten in Eulogien – Segenssprüchen – über die Menschen und ihr oftmals reiches Erbe für die Stadt.
Wie sich die Grabsteinepigraphik innerhalb von 200 wandelte, wird auf den beiden angrenzenden Erweiterungsteilen, rechts und links des Taharahauses, sichtbar. Neben den jüdischen Symbolen werden Ornamente Skulpturen der Umgebungsgesellschaft sichtbar.
1999 wurde der Friedhof an der Schillerstraße geschlossen, weil alle Grabstellen belegt waren. Gleichzeitig wurde der „Gute Ort“ (Beth Olam) unter Denkmalschutz gestellt. Viele der hebräischen Inschriften auf den insgesamt 860 Grabsteinen sind von der Verwitterung bedroht und bedürfen einer vollständigen Transkription und Dokumentation.
Das über 100 Jahre alte Taharahaus, das in seiner Substanz bereits restauriert wurde (Dach und Leitungsinstallationen) soll nach der Innenrenovierung eine Bestimmung als Ausstellungsort finden.
Für die neuen Gemeindemitglieder, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, waren Besuch und Führung auf dem 200 Jahre alten Friedhof an der Schillerstraße ein erstes Kennenlernen der Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Regensburg.
Wie allgegenwärtig die Folgen von Antisemitismus, Verfolgung und Leid in der Vergangenheit wirkten, ist auf vielen der Grabsteine durch Inschriften und Erinnerungstafeln festgehalten.